Hintergrundwissen: Gitarren-Typen

6- oder 12-saitig, Wander- oder Konzert-, Western-, Jumbo-Gitarre, E-, A-, E/A- oder was sonst noch, wer soll sich da noch auskennen?

 

Ich unterscheide Gitarren nach folgenden Typen:

 

Eine grobe Unterteilung von Gitarrenarten ist erst einmal durch die Saitenart gegeben:

Man unterscheidet Nylon- (früher: Darm-) Saiten-Gitarren (Wander- u. Konzert-G.) und Stahlseiten-Gitarren ((Western- u. E-G.) (auch die 3 dickeren, mit dünnem Metalldraht umwickelten Saiten einer Konzertgitarre bestehen im Kern aus Nylon).

Gitarren mit Nylonsaiten haben i .d. R. einen breiteren Hals, die Saiten sind dicker und schmerzen den Anfänger nicht gar so sehr, daher werden sie oft für diese empfohlen.

Stahlsaiten sind dünner, straffer gespannt und härter. Der Hals einer Westerngitarre ist oft schmaler als bei einer Konzertgitarre. Näheres zu Saiten steht auf einer Extraseite.

 

Nun zur Einteilung in Gitarrentypen:

Wandergitarren sind einfache, robustere Konzertgitarren, d.h. in der Regel mit Nylonsaiten. Sie haben meist einen Knopf zum Befestigen eines Haltebandes am unteren Ende der Gitarre, in der Zarge am sog. Unterklotz. Decke, Zarge und Boden sind aus Sperrholz, was sie robust und preiswert macht.

Konzertgitarren (auch Spanische G. genannt) haben immer Nylonsaiten, meistens eine Decke aus massiver Fichte (hellgelblich) oder Zeder (rötlich) (ich habe einmal gelesen, das Fichte erst eingespielt werden muss, Zeder von Anfang an gut klingt, evtl. aber mit der Zeit im Klang nachlässt). Die Saiten sind am Knüpfsteg befestigt.

Westerngitarren haben Stahlsaiten, einen etwas schmaleren Hals als Konzertgitarren, das Griffbrett ist im Querschnitt leicht gewölbt und der Hals ist wegen des wesentlich größeren Zugs der Saiten mit einem Stahlstab stabilisiert, der es oft auch ermöglicht, die Halskrümmung nachzujustieren. Die Stahlsaiten haben an einem Ende eine Art Perle, die dafür sorgt, dass die Saite entweder mittels eines Stiftes (Pins) direkt am Steg befestigt werden kann oder an einem Saitenhalter, der am Unterklotz befestigt ist, eingehängt oder -gefädelt werden kann.

 

  Sehr große Verdienste bei der Entwicklung von Westerngitarren hat sich die US-Firma Martin (heute noch der "Rolls-Royce" der Westerngitarren) erworben, fast alle gängigen Formen heutiger Gitarren leiten sich von Martingitarren ab. Wohl am Häufigsten wurde die sog. "Dreadnought " (=Schlachtschiff, scheußlicher Name für so ein schönes Instrument!) -Gitarre kopiert, sie wirkt nicht so rund wie eine typische Klassikgitarre, ist nicht so stark tailliert.

Martin-Gitarre 1893
Martin-Gitarre 1893
Martin Dreadnought
Martin Dreadnought

 

Lauter, weicher und damit weniger "metallisch" klingt die "Jumbo" - Form mit wesentlich größerem Korpus und ausgeprägter Taille, eine Entwicklung von Gibson (seit 1938):

Gibson Jumbo
Gibson Jumbo
Firmengründer Orville Gibson
Firmengründer Orville Gibson
Eine der ersten E-Gitarren, Bj. 1936 Gibson EH-150
Eine der ersten E-Gitarren, Bj. 1936 Gibson EH-150

Eine 12-saitige Westerngitarre hat, ähnlich einer Mandoline, jeweils Doppelsaiten, die beim Spielen gleichzeitig niedergedrückt werden. Sie werden genauso gespielt wie eine 6-saitige, allerdings ist der Druck auf die Fingerkuppen stärker, eignet sich also weniger für Anfänger (als Jugendlicher fand ich den Klang soo toll. Meine lieben Eltern schenkten mir deshalb eine 12-saitige Framus als erste Gitarre. Seitdem dilettiere ich!). Die beiden hohen Saiten, e und h, werden jeweils verdoppelt, die anderen 4 "Grund"-Saiten bekommen jeweils eine um eine Oktave höhere, also dünnere, Saite zur "Verstärkung".
12-saitige Gitarren klingen voller, aber auch etwas metallischer, was bei größerem Korpus (z.B. Jumbo) wieder etwas ausgeglichen wird.

 

E-Gitarren sind elektrisch verstärkbare Instrumente. Bekannte und oft kopierte Modelle sind z.B. "Stratocaster" bzw. "Telecaster" der Us-Firma Fender. Mein Favorit, der mir aber noch in meiner Sammlung fehlt, ist die Gibson "Les Paul".

Fender Stratocaster
Fender Stratocaster
Fender Telecaster
Fender Telecaster
Gibson "Les Paul"
Gibson "Les Paul"

Bj.: ca. 1958, angeschraubter Hals, kaum abgewinkelte Kopfplatte, "Single Coils"

Eigentlich eine "Esquire", die baugleiche "Tele" hatte 2 Tonabnehmer (Bj.: 1952)

Bj.: 1952, die Tonabnehmer wurden ab `57 durch "Humbucker" ersetzt, die Saiten- halterung ab ca. '55 auf die Decke geschraubt


 Der Korpus der typischen E-Gitarre ist auf ein kompaktes Brett reduziert, bei den Lautstärken, die bei verstärkten Instrumenten erzielt werden, würde ein schwingender Resonanzkörper nur zu störenden Rückkopplungen ("Pfeifen") führen. "Klassische" E-Gitarren (es gibt sie seit den 40er Jahren) sind mit einem oder mehreren magnetischen Tonabnehmern ausgestattet, müssen also zwingend auch magnetisch wirksame Saiten, d.h. Stahlsaiten haben. 

Die "Paula" von Gibson ist wesentlich aufwendiger gebaut als das Fender-"Paddel": Eingeleimter Hals, Hals an den Seiten eingefasst ("Binding"), die abgewinkelte Kopfpatte bedingte ein größeres Stück Holz, aus dem er gefräst wird, Korpus aus konturiertem Mahagoni mit aufgeleimter, gewölbter Ahorndecke. Außerdem hatten viele Strats und Teles kein aufgeleimtes Griffbrett aus Palisander, sondern man spielte direkt auf dem (lackierten) Ahornhals. Das schlug sich natürlich auch im Preis nieder: Fenders "Esquire" kostete Anfang der 50er ca. 140 $, die "Les Paul" ca. 225 $.


Gibson L-5, Bj. `57, Entwürfe reichen zurück auf 1932
Gibson L-5, Bj. `57, Entwürfe reichen zurück auf 1932

Seltener sieht man heutzutage Halbresonanzgitarren (auch Jazzgitarren genannt). Ihr Korpus besteht nicht aus einem massiven Brett, sondern einem mehr oder weniger hohlen Resonanzkörper. Oft ist dieser aber wesentlich flacher als bei der Akustik-G., dafür breiter, sie haben kein zentrales Schallloch, sondern 2 sog. "F-Löcher" rechts und links  vom Steg, ähnlich einer Geige. Um im Verstärkerbetrieb möglichst wenig Rückkopplung zu erhalten, ist die Decke stärker verleistet oder hat sogar einen massiven Holzblock zwischen Decke und Boden, sie klingt unverstärkt naturlich leiser und kürzer als eine reine Akustik-Gitarre.

 Eine typische E-/A-Gitarre aus der Zeit Ende der 80er/Anfang der 90er: die Telecoustic von Fender, noch heute gebaut, aber nicht mehr ganz so “schräg”
Eine typische E-/A-Gitarre aus der Zeit Ende der 80er/Anfang der 90er: die Telecoustic von Fender, noch heute gebaut, aber nicht mehr ganz so “schräg”

 

 

Seit vor einigen Jahrzehnten die Piezo-Tonabnehmer aufkamen und immer weiter entwickelt wurden, kamen immer mehr Mischformen zwischen Akustik- und Elektrogitarren auf den Markt. Die Spanne reicht von "echten" Acoustics mit zusätzlichem Tonabnehmer-Systemen über akustisch stark gedämpfte Modelle bis zu E-Gitarren und Bässen mit zusätzlichem  Piezo-Pick up, um den Klang aufzufrischen.

Natürlich gibt es noch haufenweise andere Gitarrenformen, die sich aber nach meiner Meinung hauptsächlich im Design unterscheiden. (Eingefleischte E-Gitarristen werden mir jetzt wahrscheinlich an den Hals springen, denn natürlich spielen auch verschiedene Holzsorten, Bauarten und Verarbeitungsqualitäten eine Rolle).
Eine ganz besondere, ziemlich verrückte Konstruktion möchte ich jedoch nicht unerwähnt lassen:

Dobro-o. Resonatorgitarre
Dobro

Die "Resonator"-Gitarre:

In den 20er Jahren dieses Jahrhunderts, als es noch keine (erschwinglichen) Mikrofone, Tonabnehmer und Verstärker gab, machten sich 3 Brüder mit dem Familiennamen Dopera (in Tschechien hießen sie noch "Dopyera") Gedanken darüber, wie man der Gitarre zu mehr Durchsetzungskraft gegenüber anderen Orchesterinstrumenten verhelfen konnte. Sie montierten den Steg einer Gitarre auf einen Blechkonus, ähnlich einer umgekehrten Lautsprechermembran. Weitere Entwicklungen folgten mit 3 miteinander verbundenen Resonatoren. Da diese die schwingende Decke einer Holzgitarre ersetzten, war die konsequente Weiterentwicklung eine "Gitarre", deren Korpus komplett aus Blech zusammengelötet war. Welch ein Mut, aber besonders damals galt Amerika (USA) als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten!

Der Klang war tatsächlich ziemlich metallisch, aber für damalige Verhältnisse sehr laut. Die weitere (Firmen-) Geschichte ist ziemlich kompliziert, ich erlaube mir daher eine Kurzfassung:

 Die Brüder verließen 1928 die Fa. "National", gründeten die Fa. "Dobro" (Dopera Brothers),  bauten fortan nach dem "Resonatorprinzip" Gitarren, allerdings wieder in Holz.

"Kurz und gut":

Seither werden Resonatorgitarren aus Blech "Nationals" genannt, die aus Holz "Dobros",  was historisch (und juristisch) nicht korrekt ist, beide Firmen stellten zeitweise beide Typen her, man schloss sich zusammen und ging wieder auseinander. Aber schließlich heißen im Volksmund ja auch alle geländegängigen Autos "Jeep", durchsichtiges Klebeband "Tesafilm", wogegen sich die entsprechenden Firmen i.d.R. auf juristischem Wege wehren, dabei sollten sie doch froh sein; wem gelingt es schon, einen entsprechenden Standard zu etablieren!!!

 

Viele hier nicht erklärte Begriffe, z.B. „Humbucker“ oder „Single Coil“ werden ausführlicher im Gitarrenlexikon erklärt!

 

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